Bahnreise nach Weipert
DIE EISENBAHNEN VON KOMOTAU
Lok 524,1 der Buschtierader Eisenbahn. Der Einsatz erfolgte auf der Strecke Komotau- Weipert. Im Hintergrund der Bahnhof Krima.
Von Komotau nach Weipert
eine Reise mit der Buschtiehrader Eisenbahn auszugsweise aus einem Bericht
von Karl Jentscher für die Erzgebirgszeitung des Jahrgangs 1880
Der Eisenbahnknotenpunkt Komotau führte fünf Bahn- Strecken zusammen. Eine davon war die Buschtierader Eisenbahn, welche in Prag begann und über Komotau nach Weipert- Annaberg und, nach Abzweig in Krima, nach Sächsisch- Reitzenhain und Chemnitz führte. Heute besteht nur noch der Zweig nach Weipert- Annaberg.
Karl Jentscher war lt. Erzgebirgszeitung "Zugsführer" . Es ist zu vermuten, daß dies zur damaligen Zeit ein Lokomotivführer war. Sein einzigartige Schilderung bestätigt dies nachdrücklich. Die Erzählung handelt um das Jahr 1880.
Die Bahnstrecke durchquert die schönsten Stellen des Erzgebirges und bringt dem Reisenden Erlebnisse besonderer Art. Schon die Art der Ausrüstung des Zuges läßt ahnen, daß große Hindernisse zu überwinden sind, regelmäßig werden zwei Dampflokomotiven für den Zug bereitgestellt, eine an der Spitze und eine am Ende. Es sind ins Gebirge fünfhundert Höhenmeter zu überwinden. Die Steigung ist 28 Kilometer lang und steht durchschnittlich in einem Verhältnis 1:50 (1 Höhenmeter auf 50 Streckenmeter).
Die Abfahrt des Zuges wird durch zweimalige Dampfpfeifensignale angekündigt. Die Zug-, wie auch die Schiebemaschine erheben ihre Stimme, um anzuzeigen, daß sie abfahrbereit sind.
Heute würde man sich wohl per Funk verständigen, weil sich durch das Gepfeife die Anwohner erheblich belästigt fühlen würden.
Kaum ist der Buschtierader Bahnhof in Komotau verlassen, beginnt bei Oberdorf eine Steigung 1:55, die der Zug mit gerade mal 20 km/h durchquert. Die Maschinen arbeiten schwer und unter lautem Getöse. Am Fuße des Erzgebirges liegen geschützt zahlreiche Obstgärten, derer der Reisende ansichtig wird. Der Zug steuert die Station Tschernowitz an. Gleich dahinter eine scharfe Rechtskurve bergan. Die Strecke geht wieder nach links und windet sich in weitem Bogen um den 592 m hohen Kleinen Burberg. Der Ausblick ins Tal ist überwältigend. Unten das Saazer Becken, das weit ausgebreitet vor uns liegt. Wir sehen die Städte und Dörfer des Tieflandes, allen voran die Metropole Komotau.
In der Ferne nach Westen die Duppauer Berge, umgürtet von förmlichen Felsenbasteien die mit hochgewipfelten Fichten, Birken und Kiefernwäldern bewachsen sind. Im Osten das böhmische Mittelgebirge mit dem Brüxer Schloßberg, dem Biliner Borschen im Vorder- und dem Milleschauer (Donnersberg) im Hintergrund. Die südlich gelegenen Felsen des Schwarzberges und Schönburgberges schließen den Talkessel gegen Kaaden ab.
Heute ist die Landschaft des Saazer Beckens durch riesige Erdlöcher des Braunkohletagebaues gezeichnet. In Brunnersdorf, in Tuschmitz, Falkenau und in Oberleutensdorf stehen Kohlekraftwerke. Durch ihre giftigen Abgase waren in der Mitte des vergangenen Jahrhunderts weite Strecken des schönen Kammwaldes vernichtet worden.
Die ganze Fahrt über das Erzgebirge gleicht einen Panorama mit Wandelbildern, das eine erscheint, das vorherige verschwindet. Die ständigen Windungen der Strecke lassen alle Mitreisenden auf ihre Kosten kommen. Ein jeder bekommt die gesamte Landschaft zu sehen.
Bald ist die Station "Domina- Schönlind" in einer Höhe von 575 Metern erreicht. Der Maschinenführer und sein Heizer wechseln befriedigte Blicke, denn der erste große Anstieg war geschafft. Wenn dann noch der Fahrplan eingehalten wurde, dann war wohl alles perfekt. Der Heizer trocknete seinen Schweiß mit dem Wunsch, daß auch bei der Weiterfahrt alles gut gehen möge. Denn es war noch nicht die halbe Arbeit getan. Die größere Strecke lag noch bevor.
Das obenstehende Bild kann die folgende Beschreibung nur unzureichend ergänzen, denn es werden die ersten zwei Grundmühlen beschrieben. Der gegenwärtige Bericht ist außerdem aus dem Jahre 188o. Die Talsperre (rechts oben) wurde aber erst um die Jahrhundertwende gebaut. Auf der Talsohle sieht man den ersten Bau der Dritten Grundmühle.
Während die Maschinen zur Weiterfahrt rüsten, blicken die Reisenden in das Tal zurück. Doch bald ertönt das Signal zu Weiterfahrt, einem ferneren Ziel entgegen. Der Zug kommt bald an jene Stelle, an der das schöne Grundtal Bewunderung hervorruft; grün und lieblich liegt es in der Tiefe. Blickt man vom Coupé aus hinab, so trennt nur ein Schritt vom schwindelerregenden Abgrund. Zwei gut ausgebaute Wege führen zu den zwei Mahlmühlen welche den Namen "Grundmühlen" tragen.
Immer steiler wird die Fahrt. Auf dem Bergrücken gegenüber sind die Dörfer Platten, Petsch, Rodenau und Schergau zu sehen.
Die Station "Krima- Neudorf" ist erreicht. Hier zweigt die Strecke nach Reitzenhain- Chemnitz ab. Reisende dorthin müssen in den bereitstehenden Zug umsteigen. Unsere Fahrt aber geht weiter Richtung Weipert.
Die Bahnstrecke von Krima nach Reitzenhain gibt es nicht mehr. Einschließlich der Brücken wurde sie eingeebnet.
Gleich hinter dem Bahnhof Krima/ Neudorf durchfährt der Zug einen Abschnitt von Felsenformationen. Danach durchquert er das Dorf Neudorf bei Sebastiansberg. Zwei Kilometer nordwestlich ist ein Teil von Sebastiansberg zu sehen. Auf der linken Seite erblickt man die weithin bekannte, schöne Kirche von Sonnenberg mit ihrem stolz in die Lüfte ragenden Turm.
Die größte Steigung ist beendet; die Lokomotive am Ende des Zuges zeigt mit einem Pfiff ihre Rückfahrt nach Komotau an. Dies ist der Abschiedsgruß für die vordere Maschine, die von jetzt an die Arbeit alleine übernimmt. Der Zug fährt über eine Hochebene gegen Preßnitz. Auf der Anhöhe vor Preßnitz liegt der Reischberg, nordwestlich der 994 Meter hohe Haßberg, mit seinem Felsen auf der Spitze. Er schaut wie eine trutzige Festung zu uns herüber. Wir erblicken auch die Stadt Preßnitz, von Bergen, Wiesen und Feldern umschlossen.
An dieser Stelle wurde Ende des vergangenen Jahrhunderts eine Talsperre angelegt. Die Orte Preßnitz, Reischdorf, Dörnsdorf und Köstelwald wurden eingeebnet. Die Häuser von Preßnitz würden am Seegrund liegen.
Erinnerung an Preßnitz