"Dieses Grab ist nicht bezahlt. Suchen sie das Büro der Friedhofsverwaltung auf", stand auf Zetteln an den Gräbern im einst deutschen Teil des Städtischen Friedhofes. Das löste Anfang Februar Fragen der ehemaligen deutschen Komotauer und der deutschen Minderheit in der Tschechischen Republik aus. Sie befürchten eine fortschreitende Aufhebung deutscher Gräber.Die Erklärung einer Mitarbeiterin der Friedhofsverwaltung gegenüber Martin Dzingel, dem Präsidenten der Landesversammlung der Deutschen, zerstreute diese Befürchtungen nicht. "Wir brauchen Platz und gehen nach Gesetz vor. Ein deutsch- tschechischer Vertrag interessiert mich nicht; er liegt nicht in meiner Kompetenz."
Die Friedhofsverwaltung scheint trotz ihrer verdienstvollen Tätigkeit in der Betriebsroutine verankert in vergangenen Zeiten festgefahren, als ob die Welt drumherum nicht existiere. Sie nimmt die häufigen Fragen nicht wahr, wie es möglich sei, daß alle Komotauer Friedhöfe in einem katastrophalen, dem 21. Jahrhunder unwürdigem Zustand seien. Auf dem historischen Teil des städtischen Friedhofes entledigte man sich bereits der Hälfte der Gräber samt eingestürzter Gruften. Der Oberdorfer Friedhof ist total verwüstet, mit umgestürzten Grabplatten und ausgeraubten Gräbern. Der jüdische Friedhof ist aller seiner Grabsteine beraubt, obwohl es sie in den achtziger Jahren noch gab.
Wir leben in einer Region mit deutscher Vergangenheit, deutschen Gräbern und einer deutschen Minderheit. Deutsche Gräber, als Ort der Tradition zu schützen, genauso, wie tschechische Gräber in Deutschland als Teil des europäischen Kulturerbes, ist festgelegt im Vertrag über gute Nachbarschaft von 1992, befürwortet vom Deutsch- Tschechischen Kulturforums 2002 vom Rat der Deutschen Minderheiten einschließlich eines Handbuches für die Gemeinden. Friedhöfe sind in Stein gemeißelte Geschichtsbücher- nicht nur die deutschen, auch die tschechischen. Sie verorten das unschätzbare soziologisch- historische Leben von Generationen, die mit uns Tschechen unsere Stadt bildeten und sind die letzte sichtbare Erinerung an deren Existenz. Die kulturhistorischen- musealen Untersuchungen von 2017 bestätigen dies.
Die Friedhofsvewaltung hält es jedoch nicht einmal für nötig, sich an das Gesetz für das Bestattungswesen von 2001 zu halten.. Dieses deckt das Bekleben von Grabsteinen mit Zettelchen, die zerstreut zwischen den Gräbern liegen, nicht als rechtskräftige Kommunikation mit den Grabbesitzern. Wie lange wird es noch dauern, bis statt Verwüstung und Auflösung ein Programm zum Erhalt und Schutz angeboten wird, wie in anderen Städten und Gemeinden unseres Bezirkes und dem unserer Nachbarn,zum Beispiel in Böhmisch Hammer, Kaaden, Radonitz, Poschetzau oder Chodau?
Wann wird die Friedhofsverwaltung, die seit langem angebotene methodische Hilfe desMuseums zu einem gemeinsamen Programm der Denkmalspflege annehmen, um das einmalige Wissen des dortigen Archivmaterials zu verwerten? Wann wird sie die häufig überprüften Erfahrungen der Zusammenarbeit mit der Fach- und Laienöffentlichkeit nutzen? Wann nimmt die Friedhofsverwaltung zur Kenntnis, daß sich der deutschen Minderheit in Komotau täglich der Blick auf eingestürzte Gräber, umgefallene Grabsteine, abgeblätterte Mauern, in Gruften mit eingefallenen Dächern gelagerte Gartengeräte, an Mauern lehnende Grabsteine und Särge unter dem Fußboden und auf prächtigen Gruften, erbaut an der Stelle der beseitigten deutschen Gräber bietet?
Auf solch einem Friedhof plant der Stadtrat einen Lehrpfad- auf den Gräbern jener, die sich um die Errichtung dieser Stadt und ihrer geistigen Welt verdient gemacht haben. Ist die Friedhofsverwaltung wirklich so versunken in der Alltagsroutine der Gebühreneintreibung, daß sie seit Jahrzehnten nicht fähig war, einen einzigen Vorschlag zu machen, wie man bei der Pflege der historischen Komotauer Friedhöfe anders vorgehen könnte, als sich den Gräbern zu entledigen- angeblich um Platz zu gewinnen- und den Oberdorfer Friedhof dem rücksichtslosen, allmählichen natürlichen Verfall preiszugeben?
Als Bürger von Komotau und früherer Museumsdirektor protestiere ich gegen diese Einstellung. Ich mache erneut die verntwortlichen Personen der Stadtverwaltung darauf aufmerksam und rufe alle Mitbürger auf, denen der Zustand ihrer Stadt am Herzen liegt, die Bemühungen um eine Veränderungbdieses barbarischen Umgangs mit Orten der Pietät und kultuellen Geschichte mit ihrer Unterschrift zu unterstützen. Retten wir, was von der Geschichte dieser Stadt noch übrig ist und überlassen unseren Nachkommen dieses steinerne Buch ohne weitere ausgerissene Seiten.
Die Petiton steht seit Anfang Februar im Internet. Nach einer Woche hatte sie bereits 157 Unterschriften. Bitte unterschreiben auch Sie im Internet unter: